PATHÉTIQUE
Meisterwerke voller Leidenschaft
Konzert des Kulturvereins mit den Geschwistern Thiele und dem Göttinger Symphonieorchester in der Stadthalle

Nach dem fulminanten Neujahrskonzert lädt der Kulturverein Holzminden die Musikfreunde in der Region zu einem weiteren Konzert mit dem Göttinger Symphonieorchester am Samstag, 1. März, um 20 Uhr in die Stadthalle ein. Dieses Mal stehen leidenschaftliche Meisterwerke aus der klassischen Musik auf dem Programm. Als Solisten werden die Shootingstar-Geschwister Charlotte (Violine) und Friedrich Thiele (Violoncello) ihr großes Können präsentieren.
Der Cellist Friedrich Thiele wurde 2019 Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs (DMW) auf „seinem“ Instrument. Der Wettbewerb findet seit dem Gründungsjahr 1975 wechselweise in Bonn und in anderen Städten Deutschlands statt und gilt als „Karrieresprungbrett“ für den klassischen Spitzennachwuchs. Friedrich Thiele, Jahrgang 1996, errang neben dem Preisgewinn im DMW zahlreiche weitere renommierte Preise. Inzwischen spielte er solistisch in vielen deutschen Konzerthäusern und bei Festivals, so unter anderem in der Elbphilharmonie und beim Schleswig Holstein Musik Festival. Auch in zahlreichen europäischen und außereuropäischen Ländern trat er neben bekannten internationalen Künstlern auf. Seit 2021 ist Friedrich Thiele erster Konzertmeister der Violoncelli in der Sächsischen Staatskapelle Dresden.
Seine Schwester Charlotte Thiele, geboren 2000 in Dresden, gilt als eine der vielversprechendsten Geigerinnen ihrer Generation. Ab der Saison 2023/2024 ist sie als Konzertmeisterin der Guiseppe-Sinopoli-Akademie engagiert, einer Nachwuchsförderungsakademie der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Auch sie war mit solistischen Auftritten und als Kammermusikerin bereits in renommierten Konzerthäusern zu hören. Sie tritt regelmäßig mit ihrem Bruder auf, so eben auch in der Holzmindener Stadthalle.
Charlotte und Friedrich Thiele spielen das Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Orchester a-Moll Opus 102 von Johannes Brahms (1833-1897), geschrieben im Sommer 1887 am Thuner See. Es waren ganz private Motive, die Brahms zu der Kombination der Soloinstrumente – zugleich sein letztes Orchesterwerk – bewog. Den Violinpart schrieb er für den damals berühmtesten Geiger Deutschlands, Joseph Joachim, seinen längsten und treuesten Freund, den Cellopart für Robert Hausmann, den Cellisten im Streichquartett Joachims. Vielfach wird in der Musikliteratur darauf hingewiesen, dass Brahms mit seinem Doppelkonzert versuchte, die seit 1880 stark abgekühlte Verbindung zu Joachim wieder zu beleben. Brahms hatte in jenem Jahr bei der Scheidung Joachims von seiner Frau Amalie für diese Partei ergriffen, was ihm Joachim nachhaltig verübelte. Schließlich wurde das „Versöhnungswerk“ doch noch in Jahr der Entstehung – im Oktober 1887 – im Kölner Gürzenich unter dem Dirigat von Brahms uraufgeführt.
Das Zusammenspiel des Geschwisterpaares dürfte für das Publikum bewegend werden, ebenso wie das Spiel der Musikerinnen und Musiker des Göttinger Symphonieorchesters.
Die Göttinger präsentieren im zweiten Teil des Konzertes Pjotr Tschaikowskys (1840-1893) letztes großes Werk, die 1893 komponierte Sinfonie Nr. 6 h-Moll Opus 74 mit der Zusatzbezeichnung „Pathétique“. Diese Zusatzbezeichnung steht auch für das Motto des Konzertabends in Holzminden voller Leidenschaft und Emotionen. Tschaikowskys berühmte „Sechste“ ist ein kompositorisches Meisterwerk. Davon ist auch Tschaikowskys Bruder Modest überzeugt. Er ist es, der dieser Symphonie den Beinamen „Pathétique“ gibt. Sie ist nicht nur pathetisch, sondern darüber hinaus tragisch, dramatisch und packend. Tschaikowsky hat sein Werk „Programmsinfonie“ genannt. Allerdings hat er das Programm Niemanden genau offenbaren wollen. Nur den thematischen Aufbau der Sätze verriet er: Zuversicht und Tatendrang – Liebe – Enttäuschung – Tod und Verzweiflung. Und sie ist Tschaikowskys „Schwanengesang“: Neun Tage nach seiner Uraufführung in St. Petersburg stirbt Tschaikowsky an der Cholera im Alter von 53 Jahren. Sein Werk bleibt nach wie vor unvergänglich und wird auf der ganzen Welt gespielt.
Auf die Interpretation des Werkes durch das Göttinger Symphonieorchester dürfen die Musikfreunde gespannt sein. Das Orchester eröffnet auch den Abend unter der Leitung des hoch geschätzten künstlerischen Leiters Nicholas Milton mit Guiseppe Verdis (1813-1901) Ouvertüre zu seiner Oper „Die Macht des Schicksals“, ein seit vielen Jahren oft gespielter Konzertklassiker.